Der Krieg in der Ukraine weckt Erinnerungen an Zeiten, die wir in Europa für längst vergangen gehalten haben. Unser Mitgefühl und unsere Gedanken sind bei den Menschen. Als Jahrgang 1940 gehören Sirenengeheul und das Verstecken im Luftschutzbunker zu meinen ersten Kindheitserinnerungen. Ich weiß noch, wie verängstigt und unsicher ich war.
Wir hatten damals Angst, weil wir zu wenig über den Krieg wussten. Unsere Enkel haben heute Angst, weil sie zu viel darüber erfahren und all die Bilder und Nachrichten nicht einordnen können. Außerdem spüren Kinder die Sorge ihrer Eltern und Großeltern. Darum hat Schweigen keinen Sinn und kann sich sogar negativ auswirken.
Im Gegensatz dazu kann ein offener Umgang mit der Situation Schaden abwenden. Hier sind wir Großeltern und unser Einfühlungsvermögen gefragt. Auch meine Oma hat mir damals durch ihre sanften und klaren Worte viel Angst genommen. Reden wir offen, ehrlich und ruhig mit unseren Enkelkindern. Lassen wir sie ihre eigenen Fragen stellen und fragen wir sie, wie sie sich fühlen, denn Kinder haben oft ganz andere Gedanken und Ängste als Erwachsene. Gemeinsam nach Antworten zu suchen ist sicherer, als Kinder und Jugendliche schockierenden Bildern und Falschmeldungen in sozialen Netzen zu überlassen. So können wir unseren Kindern und Enkeln auch in dieser schweren Zeit zur Seite stehen.
Trotz allem ist es oft nicht leicht, die richtigen Worte zu finden. Rat auf Draht bietet Eltern und Großeltern im Netz unter www.elternseite.at Unterstützung. Für belastete Kinder und Jugendliche steht die Rat-auf-Draht-Hotline unter 147 rund um die Uhr zur Verfügung, kostenlos und anonym.
Ihre Ingrid Korosec