Merk´s Wien

Warum Leopold?

Endlich ist es wieder so weit, die Schule hat begonnen. Endlich können geplagte Eltern aufatmen. Endlich wird den Kindern wieder normaler Unterricht gegönnt. Endlich werden sie wieder ordentlich lernen.

So weit, so gut! Wie lange wird es dauern, bis der Liedtext „Nie mehr Schule, keine Schule mehr“ wieder die Oberhand gewinnt. Diesen Herbst sind die Kinder aber auch wirklich arm, gleich zwei schulfreie Tage – Allerheiligen und Leopold – fallen auf einen Sonntag.

Ach ja, Heilige und Leopold! Was lernen unsere Volksschüler eigentlich über den sogenannten Landesheiligen Leopold? Ein Relikt aus der Zeit als Wien noch die Hauptstadt Niederösterreichs war. 

Wien, damals ein Triple-Wesen, seit der Inthronisation St. Pöltens nur noch ein Zwitter-Wesen. Heute also nur noch Bundesland und Stadt bzw. Gemeinde.

Lernen unsere Kinder und Enkeln eigentlich, dass Wien einen eigenen Schutzpatron hat, nämlich Klemens Maria Hofbauer? Nahezu zeitgleich mit den heurigen Coronamaßnahmen am 15. März wurde Hofbauers 200. Todestag begangen. 

Und anlässlich dieses Gedanktages wurde immerhin ein 150 Kilometer langer Pilgerweg von seinem Geburtsort Tasswitz (Tschechien) bis zur Kirche Maria am Gestade in Wien angelegt. Das wäre doch auch ein Anlass für einen eigenen Wiener Landesheiligen.

Und wenn wir schon dabei sind: Unsere Kinder und Enkeln ersparen sich in der Schule auch das Auswendiglernen und Singen einer Landeshymne. Wien ist nämlich das einzige Bundesland, das keine hat. 

Mancherorts wird das immer wieder  zitierte rote Wien – durchaus berechtigt – hoch geschätzt. Aber, kann es sein, dass das jahrzehntelange rote Wien an einer Identität der Wienerinnen und Wiener nicht interessiert ist? Kann es sein, dass ein Gemeinschaftsgefühl gar nicht aufkommen soll?

Oder handelt es sich bloß um die sklavische Verehrung und unentwegte Erfüllung des begnadeten Werbespruchs „Wien ist anders“?

- tho-