Merk´s Wien

Pompadour & Halskrause

Die covidiotische Sehnsucht nach vergangenen (besseren) Zeiten macht vor Jahrhunderten nicht halt. Wer sich unter die frühmorgendlichen Massen wagt, weiß, dass Pompadour und Halskrause ab und an wieder getragen werden.

Hinabgleiten im aerosolschwangeren Ambiente des Lifts zur Virenschleuder U-Bahn heißt noch hoffen. Doch dort am Bahnsteig steht er, proteingestärkt, breitbeinig und –schultrig, seinen Mundschutz wie ein Handgelenksbeutelchen am Uhrband behaftet. Queen Mum wäre entzückt. 

Der Corona-Ausweich-Tanz währt nicht lange. Wie denn auch, wer im Gedränge auf 1,50 Meter Abstand bestünde, würde wohl nicht krank, aber vermutlich verletzt. Schließlich hat sich seit Monaten in der Bevölkerung etliches aufgestaut. 

Also hinein in die Garnitur, und schon sitzt er da, der selbstvergessene mittlere Manager, dessen volle Konzentration dem Laptop gilt. Den Mundschutz faltensortiert um den Hals, ein echter Caballero der Gegenreformation.

Wieder raus aus der U-Bahn, aus dem Untergrund, aus der Station, hinein in die Luft, ins Licht, frei atmen. Wer hätte gedacht, dass das große weiße „U“ auf blauem Grund zu einem Symbol für Freiheit und  Einigkeit werden könnte. Selbst Raucher werden in dieser versöhnungsorientierten Zone im Gegensatz zu Schanigärten gern gesehen. 

Nun, jenseits der coronahysterischen Social-Media-Welt  existiert eine reale, die traditionelle Medienwelt. Und sie steht der Hysterie in nichts nach, sie teilt in gut und böse, in für und wider. Und sie erweckt damit glaubhaft seriös den Eindruck, es handle sich um gleichgroße Gruppen, um eine Gleichstellung von Vernunft und Covidiotie.

Aber, suchen wir pedant zwanghaft nach Fehlern, fällt erst richtig auf, wie viele sich richtig verhalten, wie viele Opfer der wenigen Schreihälse sind, die mehr Aufmerksamkeit bekommen als Millionen „brave Maskenträger“.

Mehr als sechs Monate haben wir nun jeder ein Auge auf uns und den anderen geworfen. Es wird Zeit, dass sich die traditionellen Medien selbst an der Nase fassen, und sei es nur um Gewissheit zu erlangen, ob die selbstgewählte Maske richtig sitzt. 

- tho-