Merk´s Wien

Stille Zeit

Blödsinn wird durch Wiederholung nicht gscheit. Ein Stehsatz, den mehr und mehr Medien alljährlich im November ignorieren. Zur Schnapszahl am 11.11. um 11.11 Uhr Faschingsbeginn! 

Dass es kurz vor der alten weihnachtlichen „geschlossenen Zeit“ um das Narrenwecken geht, damit diese sich auf die Faschingszeit (7. Jänner bis Aschermittwoch) vorbereiten, scheint der so recherchefreudigen Journaille stets verborgen zu bleiben.

Nun, im Covidjahr 2020 ergibt sich die einmalige Chance, dass nichts mehr geht. Selbst der traditionelle Kathreintanz (25. November) fällt dem Virus zum Opfer. Wir dürfen – über Jahrzehnte hinweg weihnachtlich konsumverhärtet –  eine stille Zeit testen.

Wir haben knapp drei Wochen Zeit, um eine punsch- und weihnachtsmarktfreie Stadt zu erleben. Punsch – der Ausbund an Geschmacksneutralität aus Nelken, Zimt und Konzentrat (Kinderpunsch) ergänzt durch Beeren, Nüsse, Aromen und Schnaps (für Erwachsene). 

Weihnachtsmarkt – das einzigartige Konglomerat aus Plastik, Plüsch und Webpelz gepaart mit Bioseifen, ätherischen Ölen und Holzspielzeug. 

Wir alle haben uns jahrelang nahezu besinnungslos bzw. hirnbefreit durch die Massen gezwängt, immer das Weihnachtsgefühl suchend und doch nie gefunden. Allein die Kinder waren glücklich, vielleicht.

Jetzt ist es Zeit zu sagen, Corona hat auch was Gutes. Wer hätte gedacht, dass totgeglaubte Tätigkeiten wieder hip werden: Kochen, Backen, Nähen, Stricken, Gärtnern, Malen, Spiele spielen!

Das „bequeme Gwand“ ist selbst im skype-basierten home-office akzeptiert. Keiner geniert sich, Kleinstbeträge mit Karte zu zahlen. Keiner schleppt sich trotz Schnupfen in die Arbeit. Lüften ist Volkssport geworden, Kinder und Enkel rufen häufig an.

Alles in allem eine wahre Chance, vor dem Wieder-aufflammen der „Normalzeit“ eine besinnliche Zeit zu verbringen.

- tho-